Finanzblog

Stilles vs. offenes Factoring

30. Oktober 2025 4 Minuten Lesezeit

Inhaltsverzeichnis

    Liquidität unter der Tarnkappe oder mit offenen Karten?

    Wer Forderungen verkauft, sichert sich schnelle Liquidität und schützt sich vor Ausfällen – doch wie viel davon sollte der eigene Kunde wissen? Die Wahl zwischen stillem und offenem Factoring ist nicht nur eine technische, sondern vor allem auch eine strategische Frage.

    Was ist offenes Factoring – und wann lohnt es sich?

    Beim offenen Factoring informiert der Unternehmer seine Kunden darüber, dass die Forderungen an einen Finanzierungspartner, den Factor, abgetreten wurde. Die Zahlung erfolgt direkt an Letzteren. Diese Offenheit bringt klare Strukturen – und spürbare Entlastung:

    • Die Liquidität aus den eigenen Umsätzen steht unmittelbar zur Verfügung.
    • Der Factor kann im Rahmen eines Full-Service-Vertrags das gesamte Debitorenmanagement inklusive Mahnwesen und Inkasso übernehmen.
    • Zahlungsverzögerungen werden professionell und effektiv abgewickelt.
    • Die Zahlungsausfallabsicherung, Delkredere, ist vollumfänglich integriert.

    Offenes Factoring ist besonders für Unternehmen geeignet, die ihren Verwaltungsapparat verschlanken und sich stärker auf das operative Geschäft fokussieren möchten.

    Gleichzeitig kann es in bestimmten Branchen oder Kundensegmenten sensible Reaktionen hervorrufen. Denn nicht jeder Geschäftspartner begrüßt es, wenn ein Dritter ins Spiel kommt. Gerade bei langjährigen Kundenbeziehungen kann das neue Finanzierungsmodell Fragen aufwerfen – etwa zur Bonität oder strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Zudem gibt es in manchem Bereich oder in manchen AGB von Unternehmen konkrete Abtretungsverbote.

    Stilles Factoring: Liquidität auf leisen Sohlen, diskrete Sicherheit

    Beim stillen Factoring erfolgt der Forderungsverkauf im Hintergrund. Kunden bemerken nichts davon – sie zahlen weiterhin direkt an das Unternehmen oder auf ein gemeinsames Konto, auf das auch der Factor Zugriff hat. Entscheidend: Der Factor tritt hier nicht explizit in Erscheinung. Für manche Mittelständler ist das ein wichtiger Vorteil:

    • Die Kundenbeziehung bleibt unverändert und gemeinsame Prozesse im gewohnten Rahmen.
    • Die Außenwirkung des Unternehmens bleibt konservativ – ohne Hinweis auf externe Finanzierung.
    • Auch hier fließt innerhalb kürzester Zeit Liquidität, außerdem wird das Ausfallrisiko übernommen.

    Allerdings: Das Unternehmen trägt die Verantwortung für das Mahnwesen selbst. Der Aufwand für Buchhaltung, Debitorenmanagement und Zahlungskontrolle bleibt im Haus. Deshalb sollten hier eine leistungsfähige Finanzabteilung und zuverlässige Prozesse vorliegen.

    Offen oder still: Für wen lohnt sich was?

    Die Entscheidung hängt maßgeblich von zwei Variablen ab: dem gewünschten Maß an Kontrolle und der Art der Kundenbeziehung. Wer maximale Entlastung und klare Prozesse will, fährt mit offenem Factoring, am besten in der Full-Service-Variante, gut. Wer Diskretion und Unabhängigkeit schätzt oder sich in einer sensiblen Branche sowie einem komplexen Kundenumfeld bewegt, bevorzugt oft die stille Variante.

    Eine Mischform ist ebenfalls möglich: Ein flexibler Factor bietet differenzierte Modelle an, bei denen einzelne Kunden offen, andere still behandelt werden. So lassen sich sensible Geschäftsbeziehungen schützen während unproblematische einfacher gehandelt werden können.

    Praxisbeispiele: zwei Wege, ein Ziel

    Ein wachsendes Handelsunternehmen im B2B-Bereich setzt auf offenes Factoring: Die Kundenstruktur ist stabil, das Forderungsvolumen hoch, der administrative Aufwand enorm. Das Unternehmen wird vollständig entlastet – bei Mahnwesen, Zahlungsüberwachung und Ausfallabsicherung.

    Ein medizinscher Dienstleister hingegen nutzt stilles Factoring: Seine Kunden sind langjährige Geschäftspartner mit direktem Draht zur Geschäftsführung. Hier könnte eine offene Kommunikation über den Verkauf der Forderungen an einen Factor, die Kundenbeziehung belasten . Dennoch will das Unternehmen nicht auf schnelle Liquidität und Ausfallschutz verzichten.

    Welche Variante zu einem Geschäftsmodell passt, hängt also stark von Struktur und Prioritäten im Unternehmen ab. Factoring ist kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch und eine Frage der strategischen Nutzung. Hinweis: Selbst bei Abtretungsverboten kann Factoring rechtssicher genutzt werden. Wenden Sie sich bei Fragen aber immer an Ihren Rechtsanwalt mit entsprechender Expertise.

    Ihr persönliches Angebot

    Wir beraten Sie gerne zu Ihren Möglichkeiten

    Der Blog-Artikel wurde geschrieben von

    Wolfgang Roell

    Marketing und Vertrieb

    Die neuesten Beiträge von EKF Factoring

    Finanzblog

    Factoring auf Wachstumskurs
    09. Oktober 2025 3 Minuten Lesezeit
    In den letzten Jahren hat sich Factoring als flexible und kontinuierliche Finanzierungslösung etabliert. Vor allen Dingen kleine und mittlere Unternehmen profitieren von sofortiger Liquidität, besserer Planungssicherheit und dem Schutz vor […]

    Finanzblog

    Der Factoringvertrag: Das gehört hinein
    25. September 2025 3 Minuten Lesezeit
    Factoring, also der regelmäßige Forderungsverkauf, ist eine pragmatische Möglichkeit für Unternehmen, ihren steten Liquiditätszufluss zu sichern, sich vor Zahlungsausfall zu schützen und finanziellen Engpässen vorzubeugen. Doch bevor Forderungen verkauft und […]

    Finanzblog

    Forderungsmanagement im Mittelstand: Mahnwesen, Inkasso und die Rolle von Factoring
    09. September 2025 3 Minuten Lesezeit
    Im Forderungsmanagement mittelständischer Unternehmen spielen Mahnwesen und Inkasso unterschiedliche Rollen. Wer die Abgrenzung kennt, kann Risiken besser steuern und Prozesse effizienter gestalten. Die Unterstützung durch einen Factoring-Partner schafft ergänzend zusätzliche […]
    Zurück zur Übersicht